Rüsselsheim:::ECHO:::TANN 2014

Bunter Stilmix im Jazzcafé

Musik – Trio Tann begeistert Zuhörer im „Rind“ – Stücke aus kommendem Album präsentiert

Das Trio Tann war zum dritten Mal Gast im Jazzcafé. Die Rüsselsheimer freuten sich offensichtlich auf das Wiedersehen mit der Band, Christian Vogt musste vor Konzertbeginn nicht nur zusätzliche Stühle, sondern auch noch einen weiteren Tisch für die Gäste im Rind aufstellen.
Das Trio hatte einen Schwung neuer und bisher unveröffentlichter Lieder mit im Gepäck, mit denen sie erst nächste Woche ins Studio gehen werden. Das Publikum im Rind bekam also eine kleine Vorausschau auf das kommende Tann-Album.
Als Bassist René Bornstein das Konzert mit einigen schweren Tönen aus seinem Kontrabass eröffnete, mag sich manch einer heimlich gefragt haben, ob heute wirklich Jazzcafé sei. Mit wolligem Rauschebart und kariertem Holzfällerhemd sah der Musiker nicht direkt nach Jazzclub aus und das kleine Modell eines Tannenbaumes am Bühnenrand erinnerte noch eher an das weihnachtliche Krippenspiel vor wenigen Wochen. Diese optische Verwirrung wurde von dem Gehörtem jedoch schnell wieder verweht. Ja, das war lupenreiner Jazz, den dieser Holzfäller da aus seinem großen Instrument zupfte. Denn Tann sind eine Jazzband, aber eine, die es an spritzig-frecher Attitüde mit mancher Punkband aufnehmen könnte.
Im Mittelpunkt der Musik stand das mal funkige, mal eher sphärische Gitarrenspiel von Dirk Haefner. Rund und weich wie Wassertropfen perlten die Töne aus seiner Gitarre, während seine Finger über das Griffbrett huschten. Dazu strich Schlagzeuger Demian Kappenstein mit einer großen Auswahl von Stöcken und Besen über die Felle seiner Trommeln, unter anderem bearbeitete er sein Schlagwerk mit einer Klobürste und einer alten Kinderpuppe mit eingebautem Glockenspiel. Unter all diesen Klangexperimenten brummte und knurrte das Bassspiel von Bornstein als harmonisches und rhythmisches Fundament der Gruppe.
Und dieses Fundament hielt ziemlich gut, denn geschlossen wie ein Mann jagten die Musiker von einem auf den anderen Moment wild durch alle denkbaren Stile, ohne dass es unkontrolliert oder hektisch wirkte. Die Gruppe war jederzeit bereit, die Stimmung eines Stückes um 180 Grad kippen zu lassen.
Neben der Musik durchaus auch unterhaltsam waren die schrägen Geschichten, mit denen Drummer Kappenstein durch das Programm führte. Das Lied „Julia auf dem Ponyhof“, erklärte er, handele von einem Erlebnis aus der Kindheit des Bassisten René Bornstein. Als Ferienjob habe dieser auf einem Bauernhof geholfen, Pferdeäpfel einzusammeln und sich dabei in die Gutsherrentochter des Hofes verguckt.
Andere Lieder seien den Winterdepressionen, Zirkusaufenthalten oder Roger Whittaker zu verdanken. Der Song „Mandys Dandy“ sei gar eine sächsische Fassung des Rotkäppchens. Und selbst eine kleine politische Botschaft hatten die punkigen Jazzer mitgebracht. Passend zum Forstfimmel der Band, das letzte Album ist nach dem Fachwort für Nadelhölzer „Konifere“ getauft, sammelten die drei Spenden für die „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“. „Da geht es um den Schutz von Mischwäldern“, erklärte Kappenstein, „und das finden wir, auch als Analogie für unsere Gesellschaft, unterstützenswert.“
Die knapp über 70 Zuhörer spendeten großen Applaus und ließen die Musiker erst nach einer zweiten Zugabe von der Bühne. Nach einem Programm aus lauter eigenen Liedern gab es dann als Rausschmeißer eine Coverversion des Wheatus-Heulers „Teenage Dirtbag“.
Der Zuschauer, der das Lied in der verjazzten Version zuerst erkannt hatte, konnte eine CD gewinnen.